European Club Cup 2021

Ein Bericht von GM Andreas Diermair!


Vom 17. - 25 September fanden in Struga, gelegen am Ohridsee in Nordmazedonien, der 36. European Chess Club Cup sowie die 25. Auflage des European Women's Chess Club Cups statt. Struga liegt in der Nähe der bekannten Stadt Ohrid nicht weit entfernt von der albanischen Grenze. Der malerisch angrenzende Ohridsee macht die Stadt zu einem beliebten Touristenziel in den Sommermonaten. Aus Österreich nahmen zwei Teams teil: bei den Frauen der SK Erste Bank Baden mit Nationalspielerin Denise Trippold und in der offenen Klasse meine Mannschaft, der SV Raika Rapid Feffernitz. Zusätzlich spielte beim tschechischem Verein AVE Novy Bor die österreichische Nummer eins Markus Ragger. Unser Team reiste gemeinsam einen Tag vorher über den Flughafen Skopje an und erreichte nach einer mehrstündigen abenteuerlichen Busfahrt durch eine glückliche Fügung das Hotel Drim, in welchem wir untergebracht waren und wo auch der Frauenwettbewerb ausgetragen wurde. Der offene Bewerb fand im Hotel Izgrev statt, welches ca. 5-6 Kilometer entfernt war. Dadurch benötigten wir täglich ein Shuttle welches trotz anfänglicher Zweifel mit "nordmazedonischer Zuverlässigkeit" bereitgestellt wurde.
Das traditionelle "Captain's Meeting" verlief ebenfalls sehr interessant. Für mehr Informationen gibt es dazu einen Bericht auf der Internetseite von Chessbase. Hier nur in aller Kürze: Die "Maskenfrage" erzeugte einige Spannungen zwischen den anwesenden Captains und dem Turnierdirektor, woran auch eine "demokratische" Abstimmung zunächst nichts ändern konnte. Schlussendlich blieb das Tragen von Masken eine Empfehlung. Verpflichtend für alle Teilnehmer hingegen war ein Covid-Test vor der ersten Runde. Auch das wurde, verbunden mit einigen organisatorischen Hürden, erfolgreich von uns bewältigt.
Nun aber zum Schachlichem: Im Gegensatz zu unserem letztem Antritt 2019 als amtierender Meister, traten wird diesmal vorwiegend mit einheimischen Spielern an. Die Aufstellung lautete: IM Peter Schreiner, GM Andreas Diermair, "Europacupveteran" Simon Pacher und auf den Brettern vier bis sechs unsere drei Youngsters Leon Löscher, Noah Tscharnuter und Adamo Valtliner. Gesetzt waren wir als Nummer 36 von 38 Teams aber ein Platz in den Top 30 war das erklärte, durchaus realistische Ziel. In der ersten Runde trafen wir auf das nordmazedonische Team Prilep mit dem indischen "Wunderkind" Gukesh auf Brett eins. Trotz einer riesigen Elodifferenz von 1500 Punkten auf allen Brettern aufsummiert (was keinesfalls eine Ausnahme in unseren Wettkämpfen darstellte), gestaltete sich der Wettkampf nicht einseitig. Noah gelang ein schnelles Schwarzremis und Simon "Pachiér Lagrave" brachte mit seiner traditionell ausgezeichneten Vorbereitung seinen Gegner an den Rand der Niederlage. (siehe Partie Boskovic-Pacher) Dennoch wurde es, trotz meines Sieges auf Brett zwei, eine knappe 4:2 Niederlage. In der zweiten Runde gelang uns der erste Mannschaftsieg und er hätte noch höher als 4 ½ zu 1 ½ ausfallen können. Noah gelang ein überzeugender schneller Angriffssieg und Adamo glänzte durch ein Damenopfer im romantischen Stil des 19. Jahrhunderts. (siehe Partien Tscharnuter-Sparwel und Schwab-Valtliner) Peter, Simon und Leon hatten ebenfalls gute Chancen auf den Sieg. In der dritten Runde wartete auf uns das isländische Team Reykjavik. Hier brachte uns Adamo mit einer Glanzpartie in Führung (siehe Partie Valtliner-Jonsson). Peter, ich und Leon hatten vielversprechende, wenn nicht gar gewonnene, Stellungen auf dem Brett. (siehe Partie Diermair-Sulypa) Leider mussten wir wiederum eine 4:2 Niederlage hinnehmen.



v.l.n.r.: Löscher, Schreiner, Tscharnuter, Pacher, Diermair, Valtliner in Sponsorenbekleidung
4:2 verloren wir ebenfalls in der vierten Runde gegen das moldawische Team Perfect wobei uns auch der dritte Sieg in Folge von Adamo nichts brachte. Für die Ergebniskosmetik hätte Noah fast ein total verlorenes Turmendspiel gegen einen Gegner mit Elo 2407 Remis gehalten. Die fünfte Runde verlief spannend. Trotz eines 2:0 Rückstandes konnten wir dank des vierten Sieges von Adamo in Folge und meinem verwerteten Damenendspiel ein 3:3 erreichen. Fast wäre es noch mehr geworden hätte Leon in Zeitnot den richtigen Turmzug gefunden. (siehe Partien Diermair-Sos und Löscher-Ibanez) In der sechsten Runde stand uns das kosovarische Team Drejtesia gegenüber. Diesmal gelang Noah ein überzeugender Sieg, der aber leider nicht reichte um die knappe 3 ½ : 2 ½ Niederlage zu verhindern. Die siebte und letzte Runde brachte uns das siebte Mal von der Papierform her einen deutlich stärkeren Gegner, das schwedische Team Pelaro Alingsas. Wir begannen das Match mit 1:0 da anscheinend mein Gegner keine Lust hatte zur Partie zu erscheinen. Trotz einer schnellen Niederlage von Noah schienen wir auf Erfolgskurs zu sein. Adamo gewann eine souveräne Partie. Simon und Leon überspielten überzeugend ihre 200-300 elostärkeren Gegner. (siehe Partie Pacher-Agrest und Rasti-Löscher) Doch leider gingen beide Partien durch Einsteller verloren und wir mussten eine sehr bittere 2 ½ zu 3 ½ Niederlage quittieren, welche uns statt einem verdienten Platz in den Top 30, auf unseren Startrang zurückwarf.
Trotz des eklatanten Elounterschiedes verlief keines unserer Matches (außer der Sieg) einseitig. Fast das gesamte Team landete im Eloplus, Adamo sogar bei +83(!). Auf alle Fälle war es für unsere Youngsters ein fantastisches Erlebnis wo sie wertvolle Erfahrungen sammeln konnten.
Zum Abschluss möchte ich mich im Namen des Teams bei unserem Obmann Helmut Löscher bedanken, der uns durch seine unermüdliche Suche nach Sponsoren diese Teilnahme ermöglicht hat.

Partien finden sie unter: 36th European Chess Club Cup 2021